So, jetzt ist endlich ein bissl Zeit und ich hab mir gedacht, ich versuche "kurz" das Prinzip von Pitot-Röhren und die Probleme von Turbo-Motoren mit Vergasern zu erläutern.
1) Vergaser
Normalerweise funktioniert ein Vergaser auf Basis des Venturi-Effekts. Das heißt, aufgrund der sich verjüngenden Form entstehen Bereiche mit höherer und Bereicher mit geringerer Gasgeschwindigkeit im Inneren. Praktisch wirkt sich das dann auch dahingehend aus, dass unterschiedliche Drücke im Vergaser herrschen. Da die Verjüngung am Eingang des Vergasers ist, erreiche ich dort eine Beschleunigung der Luft und somit herrscht im Saugrohr ein Unterdruck relativ zum Umgebungsluftdruck. Desweiteren entsteht (durch den Pitot-Effekt) ein Unterdruck in den im rechten Winkel überströmten Düsen und das Benzin wird aus den Düsen gesaugt. Soweit eine rudimentäre und sicher NICHT 100% akkurate Erklärung wie Vergaser funktionieren, aber als Gedankenmodell sollte es ausreichend sein.
2) Pitot-Effekt
Zuerst haben wir schon mal kurz betrachtet, was sich aufgrund des Pitot-Effekts in einer Düse abspielt. Ich glaube, es braucht nicht sehr viel Vorstellungskraft, wenn man sich vorstellt, wenn man einen Gegenstand direkt in den Luftstrom hält. (Kennen wir ja alle vom Motorradfahren.)
Wenn wir uns jetzt vorstellen, dass wir ein Röhrchen in die Mitte des Luftstroms setzen, dann kann man sich auch vorstellen, dass wir einerseits den Umgebungsluftdruck (Ps) in dem Röhrchen messen werden, ABER auch dass da aufgrund der vorbeiströmenden Luft noch eine dynamsiche Komponente dabei ist, die in direkter Abhängigkeit von der Geschwindigkeit (v) steht.
Dafür gibts eine Formel mit der man das ausrechnen kann (die Formel ist nach pt umgeformt und lässt außerdem die Dichte des strömenden Mediums außer Acht.
ps + .5 * r * V ^2 = pt
Der Höhenunterschied h der gegebenen Flüssigkeitssäule in der untenstehenden Grafik kann jetzt in unserem Fall auch als Druckunterschied (Überdruck) interpretiert werden.
Wie man oben sieht, geht der Radius r der Bohrung direkt in die Gleichung ein, ebenso wie die Gasgeschwindigkeit. Was obige Gleichung jetzt noch außer Acht lässt ist die Tatsache, dass aufgrund der Behinderung des Luftstroms hinter dem Pitot-Rohr ein niedrigerer Luftstrom herrscht, was in unserem Fall jetzt den Effekt des Pitot-Rohres noch verstärkt.
In diesem Fall sei mir jetzt einfach zu glauben, dass das Ergebnis keine lineare Funktion ist, sondern eine Kurve, die bei höherer Gasgeschwindigkeit (höhere Drehzahl des Turbos und damit mehr Ladedruck) progressiv ansteigt - siehe auch folgende Grafik:
3) Die Schwimmerkammer
Gehen wir jetzt einfach mal davon aus, dass das in Punkt 2 beschriebene Phänomen tatsächlich so funktioniert und wir nun plötzlich relativ zum Ladedruck der unseren Vergaser durchströmt einen leicht höheren Druck in der Schwimmerkammer erreichen, der jetzt irgendwohin will.
Damit das Benzin per se mal aus den Düsen rauskommt, müssen wir es mit einem leichten Überdruck beaufschlagen. Idealerweise machen wir das mit einem Benzindruckregler, der den Druck der Benzinpumpe auf ein Maß herunterregelt, welches nur noch leicht (Erfahrungswerte sprechen von 3-5PSI above boost-pressure) über dem Ladedruck liegt.
Gut, jetzt haben wir Sprit der aus Düsen raus will und Ladedruck und weil wir die Schwimmerkammer-Entlüftung noch nirgends angeschlossen haben, würde uns jetzt der Ladedruck herrlich aus der Schwimmerkammerentlüftung pfeifen und die Spritpumpe würde dafür sorgen, dass der Sprit gleich mitkommt. Wenn wir jetzt die Überläufe mit dem Pitot-Rohr verbinden, erreichen wir, was wir wollen - Sprit wird (mehr oder minder) kontrolliert aus den Düsen gepresst, so wie es normalerweise die Schwerkraft+Umgebungsluftdruck für uns machen würde, aufgrund des verringerten Luftdrucks im Saugrohr.
Jetzt könnte jemand anmerken: Aber wenn ich den Benzindruck weit genug raufschraube, dann brauch ich doch den ganzen Pitot-Schm*rrn nicht? Vollkommen richtig, aber jetzt kommt der Reiz der Geschichte. Wie oben schon beschrieben, ist die Druckkurve nicht linear und weil die durch den Turbo gepumpte Luft komprimierbar ist, ist die gelieferte Luftmenge ebensowenig linear. Stehen das Ladedruck-Rohr und der Durchmesser des Pitot-Rohres bzw. deren Bohrung (mehr dann unten, wo ich noch die zwei wesentlichen Bauformen von Pitot-Rohren zeige) im richtigen Verhältnis, kann ich den Ladedruck variieren, ohne jedes Mal die Vergaser umbedüsen zu müssen.
Weiter im nächsten Post.